Ausklang

Zusammensein ist mehr als räumlich-körperliche Nähe, mehr als ein Versprechen, Gelübde und gegebene Worte: das Band der Liebe legt sich um zwei, verbindet ihre Felder miteinander, lässt sie seelisch-geistig verbunden sein, sich auch in Entfernung nahe spüren, lässt zwei gemeinsam wachsen und Höhen und Tiefen durchschreiten.

Es ist nichts, was ein Mensch allein machen kann: dich «in mein Feld aufnehmen» ist ein Geschenk des Lebens, das zwei Liebenden zuteil wird. Es stellt beide vor Herausforderungen, lässt sie Dinge an sich sehen, die sie alleine lieber übergingen, Schatten, für die es den Halt eines Zweiten braucht, um genug Mut aufzubringen, in sie zu blicken.

Wahre Liebe ist Halt, Licht und Mut. Und auch Offenheit, Ehrlichkeit, Zugewandtheit und Miteinander. Das, was in der Liebe mit Zweien geschieht, lässt sich allein willentlich nicht bewirken.

Die Liebe kommt und geht. Manche bescheint sie ein Leben lang. Manchen schenkt sie zwei gemeinsame Monate. Bis sich das Band wieder löst. Die Liebe im eigenen Herzen ist vom Band der Liebe unabhängig.

Zeit vergeht. Du forderst mich heraus. Deine Emotionen und Erwartungen sind meine Geschenke. Wir wachsen beide aneinander: du wirst mehr Frau und ich mehr Mann. Ich bin mit dir zusammen!

Zeit vergeht. Ich nehme meine Worte zurück. Seit Wochen lebe ich wie neben dir. Mein seelisch-geistiger Raum ist wieder mein eigener geworden. Wir sehen uns, treffen uns, reden, tauschen Gedanken und Gefühle, bewegen einiges in uns. Doch trotz allem: Das, was einmal um uns war, ist verflogen. Die Schmetterlinge, die zarten Schwingen der Liebe. Ich kann sie nicht machen, nicht herzitieren. Sie kamen von selbst, umflatterten uns und setzten sich auf unsere Schultern. Seit langem sie sind abwesend. Die Liebe führt die Liebenden zusammen. Liebe kann auch vergehen. Eines Tages löst sie das innere Band. Kannst du oder ich sagen, was der Grund hierfür ist? Wir haben keine Kinder gemeinsam, kein gemeinsames Projekt, nichts Weltliches, das uns bindet. Möglicherweise ist es mir und dir nicht bestimmt, ein Leben lang verbunden zu sein!? Das Ausklingen der Liebe ist keine Idee, kein Gedanke, kein eigenes Gefühl. Es ist ein Gespür. Die Liebe zu Zweit ist kein Stempel auf einem gemeinsamen geistigen Dokument. Sie ist feinsinnig und höchst lebendig. Den Glücklichen bleibt sie ein Leben lang. Kein Wind des Alltags kann ihr Schwingen erdrücken. Sicher gibt es Phasen der eigenen Umfangenheit. Doch mein Spüren ist klar. Soll ich dir gegenüber so tun, als wenn alles beim Alten wäre? Das ist nicht meine Art. So teile ich mich dir mit:

Im Moment, Liebste, spüre ich das Zusammensein mit dir nicht mehr. Ich habe es schon lange nicht mehr wahrgenommen. Ich prüfe es achtsam: Wenn ich dir in die Augen sehe und sage, dass ich dein Freund bin, stimmt es für mich nicht mehr. Ich kann mich auch irren! Es kann sein, dass mein Spüren nur Denken ist! Ich bin hier und möchte mit dir gemeinsam sehen, was ist.

Und ich möchte wahrhaftig sein. Ich nehme meine Worte und körperliche Nähe fürs Erste zurück. Ich bin ein Freund von dir, bin hier, wenn du mich brauchst, doch nun nur noch einer von vielen. Ich sage es dir ganz offen. Nicht wissend, ob das Leben uns wieder verbinden wird. Achtsam mit dir sprechend und spürend gehe ich meinen Weg.

Zeit vergeht. Mein Gespür zu dir ändert sich nicht. Zusammensein ist kein Spiel, das heute endet, um morgen erneut zu beginnen. Für mich sieht es so aus, als möchte das Leben unser Zusammensein ausklingen lassen. Wenn du es möchtest, bin ich für dich da! Halte dich in deiner Wut und in deinen Tränen. Vielleicht schenkst du mir dabei auch, meine eigenen Tränen auf meinen Wangen zu tasten. Glaube nicht, dass es für mich leichter ist! Es ist kein Plan, keine Idee, der ich folge. Ich gehe mit dem, was ich als wahr nehme, was ich wahrnehme. Es ist traurig, denn ich habe das Wir mit dir sehr geschätzt.

Ich danke dir von Herzen! Für das, was du mir schenktest. Ich bin mit dir gewachsen, du hast mich gestärkt und erblühen lassen. Für immer werde ich im Herzen verbunden sein…

jahnna Tilde, Tinte

Wenn ihr sagt: «Ich liebe dich», was meinst ihr damit? Euer offenes Herz? Das Spüren des Bandes der Liebe von euch zu einem anderen Menschen? Oder ist ‹Liebe› noch etwas anderes für euch?

Das Selbst ist eine gemeinsame, verbundene Ebene. Es ist unmöglich, dass das Band der Liebe beim einen fest und beim anderen aufgelöst ist.

Auch wenn sich das Band der Liebe gelöst hat, können zwei vereinbaren, weiterhin zusammen zu leben, weiterhin ‹Freund› und ‹Freundin› zueinander zu sagen, sich weiterhin zu berühren.

Wie erlebt ihr es?  Kommt ins Gespräch!

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Beschreibungen dessen, was vom anderen spürbar ist

Christoph Steinbach und Jaipur
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